Unser Singen beginnt bei den Entdeckungen von Valborg Werbeck-Svärdström, der schwedischen Sängerin, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts einen neuen, wissenschaftlich fundierten Zugang zur Welt der menschlichen Stimme suchte, der sie zu deren Ursprung im Gebiet des Geistigen führte. Oder wohl besser gesagt: überzeugt von der grundlegend geistigen Herkunft des Klanges, suchte sie Übungen zu entwickeln, die ihr physisch zur Verfügung stehendes Instrument systematisch in äußerst bewußt zu beobachtenden Schritten dieser ursprünglichen Quelle näherbrachten.
Was ihr dabei als wesentlich deutlich wurde, hat sie dann unter dem Terminus ‚Stimmenthüllung‘ zusammengefaßt. Daß es beim Singen – und somit bei der Stimmschulung zunächst in erster Linie darum gehen sollte, alles was sich an physischer unkontrollierter Verhärtung im Laufe des Lebens eingeschlichen hat in unserem Stimmgebrauch, behutsam zu lösen. So kann erst einmal das freie Feld zu geschaffen werden, auf dem dann die Stimme ungestört, frei, sozusagen sich wie von selbst entfalten kann.
Dies behutsame Lösen ist ein langer Weg, gepflastert mit vielen sehr spezifischen Übungen, zum Teil beschrieben in Werbecks Buch ‚Die Schule der Stimmenthüllung‘ (siehe unten), zum Teil weiterentwickelt von ihren Schülern (u.a. Jürgen Schriefer) und zum Teil auch weiter zu entdecken für die sich ändernden Gegebenheiten.
Was hier zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt und in Zusammenarbeit mit Rudolf Steiner zur ersten anthroposophischen Schule des Singens wurde, wird heute als Arbeitsansatz von Interpreten und Therapeuten vielerorts praktiziert in Brasilien, Deutschland, England, Finnland, den Niederlanden, Kroatien, USA, Schweden und der Schweiz.
Literatur: Valborg Werbeck-Svärdström, ‚Die Schule der Stimmenthüllung‘, Verlag am Goetheanum, Dornach (ISBN 3723501435)